Was bringt uns die neue Regierung? Online-Talk Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ über Koalitionsvertrag & neuen Gesundheitsausschuss
Intensiven Koalitionsverhandlungen vorausgehend liegt nun seit dem 24. November 2021 der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vor. Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach formulierte bei seinem Antritt gleich ein Versprechen: „Mit uns wird es keine Leistungsabsenkungen im Gesundheitswesen geben.“ Auch der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich neu konstituiert. Was sich dadurch für den Bereich Gesundheit ändert, analysierten Kirsten Abel, Sprecherin des Präsidiums des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT), und Patrick Grunau, Bereichsleiter Politik, Kommunikation und Marketing bei der rehaVital Gesundheitsservice GmbH, im Online-Videotalk am 07. Januar 2022 und wandten sich dabei dem Koalitionsvertrag inhaltlich zu.
Vorstellung der relevanten Köpfe
Zum Einstieg der Veranstaltung stellten die beiden Bündnis-Mitglieder die Spitze des Gesundheitsministeriums, den Ausschuss für Gesundheit sowie die gesundheitspolitischen Sprecher:innen im Einzelnen ausführlich vor und ordneten die neuen Gesichter entsprechend ein. Dabei wurden neben den Ministerien Gesundheit und Arbeit und Soziales (SPD) auch die Ministerien Wirtschaft und Klimaschutz (Bündnis 90/Die Grünen) und Finanzen und Bildung und Forschung (FDP) betrachtet. Anliegen des Bündnisses ist es, nachhaltige Kontakte in die genannten Ministerien aufzubauen, um ihre Forderungen mit einheitlicher Stimme an den richtigen Stellen zu platzieren und den Druck vonseiten der Hilfsmittelbranche zu erhöhen.
Eckpunkte des Koalitionsvertrages
Kirsten Abel und Patrick Grunau referierten im Verlauf der Online-Veranstaltung über die gesundheitsbezogenen Themenblöcke des Koalitionsvertrages und gingen dabei vorrangig auf die für die Hilfsmittelbranche relevanten Bereiche ein. Der erste Punkt im Koalitionsvertrag benennt das Vorhaben der Entbürokratisierung. Dieses Ziel begrüßt das Bündnis sehr, da die qualitätsgesicherte Patientenversorgung durch eine überborderte Bürokratie zusehends aus dem Fokus zu geraten droht. Zu diesem Thema entdeckte das Bündnis relevante Passagen im Vertrag, es bleibt jedoch unspezifisch, wie genau die Entbürokratisierung gelingen soll. Als weiterer Punkt wurde die Stärkung der Gesundheitsberufe aufgeführt. Für das Bündnis ein brisantes Thema, soll doch die Relevanz des versorgenden Personals in den Sanitätshäusern herausgestellt werden, die im Gegensatz zu akademischen Berufsgruppen keine eindeutige Zuordnung im Gesundheitswesen erfahren und folglich in ihrer Handlungsnotwendigkeit in der Patientenversorgung häufig übersehen werden. „Es hat uns Blut, Schweiß und Tränen gekostet, um gegenüber der Politik deutlich zu machen, welche wesentliche Rolle die Gesundheitsbetriebe in der Patientenversorgung einnehmen. Die Pandemie hat bereits viele Defizite aufgezeigt, das Thema wird aber weiterhin sehr aktuell sein,“ so Abel.
Ein anderes sehr präsentes Thema ist die Digitalisierung, die sich in auch vielen anderen Unterpunkten des Koalitionsvertrages wiederfindet. Mitunter wird die Zusage gemacht, die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und das E-Rezept zu beschleunigen. Letzteres wurde jedoch mittlerweile auf unbestimmte Zeit verschoben. Dies verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis.
Weitere Punkte des Koalitionsvertrages, die während der Informationsveranstaltung diskutiert wurden, sind die zukünftige Entwicklung wohnortnaher Versorgungskonzepte, die Bevorratung von Medizinprodukten und Hilfsmitteln, die Stärkung der (häuslichen) Pflege, die Beschleunigung der Selbstverwaltung durch eine Reform des G-BA sowie eine Stabilisierung der Finanzierung des Gesundheitswesens.
Wie geht es weiter?
Aus den Punkten des Koalitionsvertrages abgeleitet benannten Kirsten Abel und Patrick Grunau die Planung des Bündnisses für 2022. „Es gilt nun, die handelnden Personen an ihrem Tun zu bewerten, brisante Themen aus unserer Branche rechtzeitig an die Politik heranzutragen und entsprechend Einfluss zu nehmen,“ erklärt Grunau. Um in den kommenden Monaten bestmöglich handeln zu können, folgen Gespräche mit den Sprechern der Fraktionen sowie ein kontinuierliches Monitoring der aus dem Koalitionsvertrag sondierten Fokus-Themen. Dabei werden die regelmäßig stattfindenden öffentlichen WvD Video-Talks beibehalten.
Aber auch die internen Strukturen des Bündnisses werden gefestigt. 2022 wird die erste Mitgliederversammlung des Bündnisses abgehalten, zudem erfolgt die Eintragung ins Vereinsregister. Im weiteren Verlauf ist die Aufnahme weiterer (Gast-)Mitglieder vorgesehen.
Insgesamt nahmen rund 130 Teilnehmer:innen am Online-Videotalk teil. Im Namen der Bündnis-Partner bedankte sich Grunau bei den Gästen für die Teilnahme sowie aufkommenden Fragen und Anmerkungen.
Zum Bündnis „Wir versorgen Deutschland“:
Knapp 25 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland benötigen die Versorgung mit Hilfsmitteln. Für Teilhabe und Lebensqualität dieser Patienten und Patientinnen sind diese Versorgungen elementar: Sie gewährleisten den Erfolg ihrer Krankenbehandlung, beugen drohenden Behinderungen vor oder gleichen bereits bestehende Handicaps aus. Mehr als 120.000 Mitarbeiter und mehr als 8.000 Leistungserbringer in den Bereichen Orthopädietechnik, Orthopädieschuhtechnik, Reha-Technik und Homecare verantworten die wohnortnahe und qualitätsgesicherte Versorgung dieser Patienten und Patientinnen. Die im Bündnis zusammengeschlossenen Partner zählen zu den maßgeblichen Spitzenverbänden und Zusammenschlüssen von Leistungserbringern. In ihrer Verantwortung für die qualitätsgesicherte, wohnortnahe und wirtschaftliche Versorgung haben sich die Partner auf die gemeinsame Verfolgung politischer Positionen geeinigt. Zu dem Bündnis gehören: Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik, EGROH-Service GmbH, Reha-Service-Ring GmbH, rehaVital Gesundheitsservice GmbH und Sanitätshaus Aktuell AG.