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Prothesen: professionelle Prothesenversorgung in Ihrem Sanitätshaus

Vom kleinen Finger bis zum Zeh - Eine Amputation ist immer ein drastischer Einschnitt im Leben eines Menschen. Die Mobilität, Eigenständigkeit und gesellschaftliche Teilhabe nach einer Amputation zu erhalten, ist das oberste Ziel in der Prothesenversorgung. Dabei hat sich die Prothesentechnik in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Moderne Prothesen sind so individuell wie nie zuvor. Welche Arten von Prothesen es gibt und wie man die richtigen Prothesen findet, erfahren Sie hier.

Pro-Flex LP mit Unity von Össur
© Copyrights by Össur hf

Die Idee, künstliche Gliedmaßen zu schaffen, um bei Bedarf einen Teil des menschlichen Körpers zu ersetzen, ist uralt. Seit mindestens 3000 Jahren fertigen Menschen künstliche Körperteile an. Die älteste erhaltene Prothese wurde in Ägypten etwa 900 bis 700 Jahre vor Christus angefertigt und besteht aus Holz und Leder. Heute gibt es Prothesen, die mit High-Tech arbeiten oder dank modernster Materialien erstaunlich authentisch aussehen – ohne professionelle Handwerkskunst geht es aber auch heute nicht.

Mobil mit Prothese

Wenn ein Körperteil fehlt, stellt das die Betroffenen vor viele Herausforderungen – unabhängig von der Frage, ob es sich um einen Verlust durch Erkrankung oder Unfall handelt oder um angeborene Fehlbildungen. Heute sind wir dank modernster Technik in der Lage, Prothesen für alle Amputationshöhen und individuellen Bedürfnisse herzustellen und damit einen funktionalen Ersatz für verlorene Gliedmaße zu schaffen.

Prothesen ermöglichen es, wieder mobil und aktiv zu sein und beispielsweise mit einer künstlichen Hand alltäglichen oder handwerklichen Tätigkeiten nachzugehen. Dank innovativer Technologien können mit Prothesenpassteilen auch komplexe Bewegungsabläufe koordiniert werden. Kosmetische Prothesen sehen mit hautfarbenem Silikon oder Kunststoff mit realistischer Nachbildung von Adern und Hautfältchen heute sehr authentisch aus.

Was sind Prothesen eigentlich genau?

Prothesen bestehen grundsätzlich aus einem Schaft, der in der Regel vom Techniker oder der Technikerin im Sanitätshaus individuell angefertigt wird.

Dieser Schaft wird ergänzt mit weiteren mechanischen oder mikroprozessorgesteuerten Bauteilen wie z. B. Hand-, Knie- oder Fußpassteilen, zu einer Prothese zusammengestellt und auf den Anwender angepasst.

Welche Prothesenarten gibt es?

Je nachdem, welches Körperteil amputiert wurde, stehen verschiedene Prothesenarten zur Auswahl. Am häufigsten kommen die folgenden zum Einsatz:

  • Brustprothesen
  • Fingerprothesen
  • Fußprothesen
  • Hand- und Armprothesen
  • Hüftprothesen
  • Knie-Ex-Prothesen
  • Oberschenkelprothesen
  • Unterschenkelprothesen
  • Zahnprothesen
  • Zehenprothesen

Wie funktioniert die Prothesenversorgung?

Zur Prothesenversorgung arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Fachärzt:innen der Orthopädie, Orthopädietechniker:innen aus dem Sanitätshaus und Fachtherapeut:innen aus der Rehabilitationstherapie (wie Physio- und Ergotherapeut:innen) in enger Abstimmung miteinander. Meist wird dabei wie folgt vorgegangen:

  1. Stumpfversorgung: In der Regel muss der Stumpf eines Armes oder Beines nach einer Amputation zunächst vollständig abheilen, bevor die erste Prothese gefertigt werden kann. Unmittelbar nach einer Amputation ist der Stumpf noch geschwollen und es liegt ein Stumpfödem vor. Jedoch kann er bereits mit einer fachkundigen Kompressionsbehandlung durch spezielle Strümpfe, elastische Binden oder auch Silikonliner vorbereitet werden.
     
  2. Interimsprothese: Ist der Stumpf abgeheilt, wird zunächst eine Art Übergangsprothese angefertigt. Diese dient dazu, so früh wie möglich mit der Rehabilitation beginnen zu können. Für die Anpassung der endgültigen Prothese für Arm oder Bein muss jedoch noch mehr Zeit vergehen, da sich der Stumpf noch weiter verändern kann. Diese sogenannte Interimsprothese sollte besonders sicher sein, um die Patient:innen in dieser schwierigen und verunsichernden Phase optimal zu unterstützen und das Vertrauen in das Hilfsmittel zu stärken. In dieser Phase ist eine weitere Betreuung durch Therapeut:innen und Techniker:innen wichtig, da z. B. die Prothese in dieser Phase oft noch angepasst werden muss.
     
  3. Definitivprothese: Es dauert bis zu sechs Monate, bis der Stumpf bereit ist für die Versorgung mit der endgültigen Arm- oder Beinprothese. Diese sogenannte Definitivprothese wird - wie auch die Interimsprothese - in der Regel maßangefertigt oder individuell angepasst. Alle Schaftformen, Techniken und Passteile müssen perfekt zu den Bedürfnissen passen.
     
  4. Bedarfsanalyse und ärztliche Verordnung: Damit das Sanitätshaus die richtige Prothese herstellen kann, wird auf ärztlicher Seite ein Profilerhebungsbogen erstellt. Dadurch stehen Informationen über die Person, deren Lebenssituation und den zu erwartenden Grad an Mobilität, der nach entsprechender Rehabilitation erreicht werden kann. Außerdem wird eine detaillierte Verordnung ausgestellt, welcher der bzw. die Orthopädietechniker:in entnehmen kann, welche Passteile und welcher Schaft benötigt werden. Die Krankenkasse prüft die Verordnung und übernimmt die Kosten.
     
  5. Prothesenversorgung: Die eigentliche Versorgung mit der Definitivprothese findet im Sanitätshaus statt. Nach einer ausführlichen Beratung testen Orthopädietechniker:innen verschiedene Passteile, um die richtige Prothese zu finden. Im Fokus steht dabei die Sicherheit der Patient:innen – denn ein technologisch hochentwickeltes Hilfsmittel nützt wenig, wenn es den Betroffenen nicht die erhoffte Sicherheit bietet und in der Folge kaum genutzt oder belastet wird.

Welchen Zwecken dienen diese Hilfsmittel?

Moderne Prothesen dienen verschiedenen Zwecken. Dazu gehören:

  • Rehabilitation und Therapie: Vor allem die Interimsprothesen werden eingesetzt, um frühzeitig mit der Physio- und Ergotherapie beginnen zu können. So können Mobilität und motorische Fähigkeiten erhalten und gefördert werden.
     
  • Ästhetisches Erscheinungsbild: Kosmetische Prothesen (bei den oberen Prothesen spricht man von Habitusprothesen) werden in erster Linie aus optischen Gründen verwendet. Ihre Funktion besteht darin, das Erscheinungsbild zu verbessern und damit das Wohlbefinden zu fördern.
     
  • Unabhängigkeit und Mobilität: Die künstlichen Gliedmaßen dienen dazu, die Funktion der fehlenden Gliedmaßen weitestgehend zu ersetzen und damit die Freiheit und Beweglichkeit aufrechtzuerhalten.
     
  • Förderung des Selbstbewusstseins: Der Verlust eines Körperteils ist psychisch eine große Herausforderung. Oft fühlen sich Menschen nach der Operation in ihren Fähigkeiten stark eingeschränkt und ziehen sich mehr und mehr zurück. Eine Prothese verleiht Sicherheit, unterstützt das Selbstwertgefühl und verbessert die Lebensqualität der Betroffenen.
     
  • Erhalt der sozialen Teilhabe: Der Kontakt zu anderen Menschen und die Teilnahme am sozialen Leben ist wichtig für die psychische Gesundheit. Moderne Prothesen helfen Betroffenen dabei, ihren Alltag weitgehend aktiv gestalten zu können.

Prothesenvarianten

Je nach Schwerpunkt gibt es verschiedene Prothesenvarianten und oft ist es sinnvoll, wenn Patient:innen verschiedene verwenden, um alle Situationen abdecken zu können.

  • Alltagsprothesen: Diese Hilfsmittel sind funktional und vor allem darauf ausgerichtet, in der häuslichen Umgebung, bei der Arbeit und im Alltag bestmöglich zu unterstützen.
     
  • Sportprothesen: Für Sportler:innen sind normale Alltagsprothesen meist nicht ausreichend. Es gibt spezielle Sportprothesen, die mit der Leistung von sportlich aktiven Patient:innen mithalten können.
     
  • Badeprothesen: Nicht alle künstlichen Gliedmaße sind auch zum Baden, Duschen oder Schwimmen geeignet. Hierfür stehen spezielle, wasserfeste Badeprothesen zur Verfügung.
     

Unser rehaVital-Lesetipp:
In unserem Beitrag Mit Beinprothese 235 km unterwegs auf dem Camino Portugues berichtet der oberschenkelamputierte Frank Kaufmann von seiner Reise auf dem portugiesischen Jakobsweg.

Bildnutzung mit freundlicher Genehmigung von Össur Deutschland GmbH.